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Karlsruhe: Kirchen dürfen nicht mehr läuten – Richter verordnen SMS und Handglocken

Glockenstuhl
Bald ist Ruhe! Foto: TMg / Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE

In einem viel beachteten Urteil hat heute das Karlsruher Verfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerde eines Bürgers aus Kirchdorf (Bayern) entschieden. Der Kläger führte an, dass er durch das Läuten der Glocken von 6:00 morgens bis 21:45 abends, das jede Viertelstunde stattfinde, und zu weiteren Anlässen eine nicht unerhebliche Schädigung durch Lärm hinnehmen müsse. Jeder Bürger verfüge heute über eine Uhr und nahezu jeder sei im Besitz eines mobilen Endgerätes, mit dem er sich per SMS über den Beginn des Gottesdienstes und anderer Veranstaltungen informieren könne. Daher sei das Läuten weder notwendig noch zeitgemäß und terrorisiere nur die Anwohner.

Die Karlsruher Richter folgten dieser Argumentation weitgehend. Die Kirchenglocken hätten keine informative Funktion mehr. Gleichzeitig mache Lärm krank, so die Richter. Wer lärmgeplagt sei, erleide etwa häufiger Herzkrankheiten.

Gleichzeitig gestehen die Richter Ausnahmen für historische Kirchen zu. Diese würden zur Kultur des Landes gehören. Diese dürften jetzt zwar auch nicht mehr zu jeder Viertelstunde läuten, aber noch zu besonderen Anlässen. Hier wurde der Gesetzgeber aufgefordert, genaue Regeln zu definieren. Die Richter ließen aber klar erkennen, dass zumindest akustische Signale minderer Lautstärke weiterhin erlaubt seien. So könne der Pfarrer etwa draußen vor der Kirche mit einer Handglocke läuten, um auf den gleich stattfindenden Gottesdienst hinzuweisen. So mancher Kartoffelmann dürfte jetzt aufatmen, scheint er nun ebenfalls mit seiner Bimmel juristisch auf festem Boden zu läuten.

In einer ersten Stellungnahme zeigte sich die Deutsche Bischofskonferenz enttäuscht. Man respektiere aber das Urteil. In den neueren Kirchen, die überhaupt nicht mehr läuten dürfen, wolle man die nicht mehr gebrauchten Glocken ausbauen und durch Attrappen ersetzen. Das Metall der dann eingeschmolzenen Glocken könne im Maschinenbau verwendet werden, so ein Sprecher.

4 Antworten auf „Karlsruhe: Kirchen dürfen nicht mehr läuten – Richter verordnen SMS und Handglocken“

Reißt die Kirchen nieder, baut Moscheen und die dazu passenden Minarette, dann lasst den Muezzin quaken und alles wird gut.
Deutschland verblödet und öffnet die Tore weit für unser Abendland !

Hört auf euch zu beschweren über dieses Urteil und zieht mal in die Nähe einer Kirche die ständig läutet. es ist nervig, du kannst in deinen eigenen vier Wänden nicht entspannen. Zeiten läuten ist Schwachsinn! ich bin selbst christ, sie soll da auch stehen, denn sie ist schön. aber das läuten ist unakzeptabel.

Hoffentlich ist das ein schlechter Scherz.

Es war von Anfang an ein böser Fehler der Gerichtsbarkeit, auf solche Luxusproblemchen überhaupt einzugehen. War doch klar, dass die Forderungen mit der Zeit immer dreister werden, frei nach „Reicht man ihnen den kleinen Finger, nehmen sie gleich die ganze Hand“. Erst sollte „nur“ der nächtliche Stundenschlag dran glauben, dann der tägliche, und zu guter Letzt ist das liturgische Läuten dran.

Ganz abgesehen von der Erhaltung kultureller Traditionen: Schon mal an Reisende und Ortsfremde gedacht, die sich auch auch bei Nacht an Kirchtürmen orientieren (ja, auch das ist eine Funktion von Kirchtürmen) und dazu den Uhrschlag als akustisches Signal gut gebrauchen können? Natürlich nicht. Hauptsache man hat seine Ruhe. Die „zeitgemäße“ Ellenbogengesellschaft lässt grüßen.

Aber eins muss man den Glockengegnern lassen: Sie scheinen echte Glückskinder ohne ernstzunehmende Probleme zu sein, und auf die Idee, Glockengeläut als unsägliche Lärmbelästigung anzusehen, muss man erstmal kommen. Meinen Glückwunsch zu soviel Kreativität und herzlichen Dank für eure komödiantischen Einlagen. So, jetzt könnt ihr euch wieder den wichtigen Dingen zuwenden. Die Glocken sollen den Ton angeben und keine linken Spinner.

@jo

Wir können gerne tauschen! In meiner Wohngegend gibt’s keinen Uhrschlag und das liturgische Läuten hört man nur bei günstigen Windverhältnissen. Dafür aber kreischende Martinshörner Tag und Nacht, und das nicht nur ab und zu, sondern alle naselang.

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