Kategorien
Gesellschaftliches Verkehr

Flughafen BER erhält indischen Gelassenheits-Award – Preis erstmals an Ausländer vergeben

Indien, Ganesh-Fest
Indien, für viele Europäer schwer zu verstehen, aber die BER-Verantwortlichen haben verstanden. Foto: Chetan Karkhanis / Lizenz: CC BY-NC-ND 2.0
Flughafen BER
Flughafen BER: Hierzulande schimpft man ihn Pleiteflughafen, in Indien erkennt man die wahren Werte. Foto: chrisK / Lizenz: CC BY-NC-ND 2.0

Indien ist allenfalls auf den ersten Blick hektisch. Tatsächlich werden in Indien Gelassenheit und Ruhe großgeschrieben. Den Menschen dort geht es um den Inhalt, um das Erleben, um Spiritualität – niemals um die Form. Wenn etwas nicht so klappt, wie man es sich vorstellt, dann nehmen Inder gemeinsam die Geschwindigkeit raus und bringen Ruhe in die Lage. Ein drückender oder gar verstrichener Termin bewirkt in Indien keine Hektik. Ein Zuspätkommen gibt es nicht, die Zeit wird in Indien als etwas Zyklisches, nicht als etwas Lineares verstanden. Die „Organisation zur Bewahrung indischer Traditionen“ vergibt zum Erhalt dieser indischen Tugenden seit 1956 jährlich den Gelassenheits-Award an Unternehmen und Personen, welche sich in dieser Tradition verdient gemacht haben.

Als Sensation muss betrachtet werden, dass erstmals in der Geschichte eine Organisation im Ausland den begehrten Preis erhalten hat: der Berliner Hauptstadtflughafen BER.

Aus der Begründung des Komitees heißt es: Die Verantwortlichen seien nicht in Hektik verfallen, obwohl die ursprünglich für Juni 2012 vorgesehene Eröffnung des Flughafens wegen gewaltiger Mängel nicht eingehalten werden konnte. Statt in einem hektischen Prozess zu versuchen, die Mängel schnellstmöglich zu beseitigen, habe man sich statt dessen hingesetzt und vereinbart, die Mängel erst in aller Ruhe zu protokollieren. Seit Mitte 2012 ruhen die Bauarbeiten. Man geht heute von mindestens 75.000 Mängeln aus. Ein erheblicher Teil der Mängel gelten als nicht behebbar, ohne dabei neue Mängel zu schaffen.

Bis heute sei man noch weit davon entfernt, mit der Behebung der Mängel anzufangen. Selbst Abriss und Neubau des Flughafens würden ernsthaft diskutiert. Zudem sollen jetzt nun noch einmal 1,1 Milliarden Euro zugeschossen werden, um den Flughafen ohne Hektik und ohne Termindruck bestmöglich fertigstellen zu können. (Ursprünglich sollte der Flughafen insgesamt 1,7 Milliarden Euro kosten, jetzt muss man von bis zu 5,7 Milliarden Euro ausgehen; die Redaktion.)

Klaus Wowereit
Berlins Regierender Bürgermeister, Klaus Wowereit (SPD), im Herzen BERL-inder, wird den Gelassenheits-Award höchstpersönlich entgegennehmen. Foto: Superbass / Lizenz: CC BY-SA 3.0

Auch seien die Verantwortlichen nicht in der Lage, einen neuen Eröffnungstermin zu benennen. Selbst der Termin, an dem der neue Eröffnungstermin bekanntgegeben werden soll, sei bislang nur äußerst vage mit Dezember 2014 angekündigt worden. Es sei das Verdienst der BER-Verantwortlichen, dass mit diesen sogenannten Meta-Terminen den Menschen nicht nur in Deutschland in drastischer Weise vor Augen geführt werde, was Termine in Wirklichkeit sind – leere Hülsen ohne jeglichen Inhalt, die letztlich nichts transportierten.

Termine entlarvten sich damit als wertloses Konstrukt des Verstandes, die Kraft ihres Wesens immer nur fernab von Spiritualität und Emotionalität liegen könnten.

Berlins Regierender Bürgermeister, Klaus Wowereit, und BER-Chef Hartmut Mehdorn, wurden zur Preisverleihung nach Indien eingeladen. Der Zeitpunkt der Reise steht noch nicht fest. Sicherlich werden beide hier wichtige Erfahrungen machen können und noch in stärkerer Weise verinnerlichen, dass man, um anzukommen, erst einmal bei sich selbst ankommen muss.

Man könnte es so ausdrücken: Es gibt keinen Weg zur Fertigstellung des Flughafens, der Fertigstellungsprozess ist der Weg.

Die keinblatt.de-Redaktion gratuliert zu dem Award und weiß, die Berliner dürfen sich nun als BERL-inder fühlen.