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„Ja, ich bin süchtig nach dem Plopp!“ – neue Sucht breitet sich aus – erster Abhängiger outet sich

Alkoholsucht, Nikotinsucht, Spielsucht – die Liste der Süchte, die die Menschheit bedrohen, ist lang. Jetzt breitet sich eine neue Sucht dramatisch aus mit Steigerungsraten im dreistelligen Prozentbereich: Immer mehr Menschen sind süchtig nach dem Ausdrücken von Luftpolsterfolie. Da dabei ein Knall- oder Plopp-Geräusch ertönt, wird diese Folie umgangssprachlich auch als Knallfolie bezeichnet. Im diesjährigen Drogenbericht der Bundesregierung wird die Sucht erstmals erwähnt, die inzwischen einen wissenschaftlichen Namen erhalten hat: bouncing addiction (Knallsucht). Inzwischen sind in Deutschland schätzungsweise 5.000 Menschen von dieser Sucht betroffen.

Ploppen macht süchtig
Ploppen kann süchtig machen (Symbolbild). Foto: stephalicious / Lizenz: CC BY-NC 2.0

Der erste Süchtige traut sich nun an die Öffentlichkeit, bat uns aber aus Scham, dass wir nicht seinen vollen Namen nennen. Michael Sch. (37) kommt nicht mehr los von der Knallerei: „Ich bin immer so nervös, muss immer etwas in der Hand haben und damit rumspielen. Am Anfang war es beruhigend. Das Ploppgeräusch, es ist einfach herrlich. Irgendwann konnte ich nicht mehr – plopp – aufhören und habe jede Knallfolie, die ich zwischen die Finger bekam, bis zum Ende ausgedrückt.“

Am Anfang meinte Michael, jederzeit aufhören zu können. Als dies misslang, redete er sich ein, einen Knall zu haben. Inzwischen wisse er, dass er nicht verrückt, sondern suchtkrank sei.

Michael ist inzwischen so schwer abhängig, dass er sich sogar Waren im Internet bestellt, die er gar nicht benötigt, nur um an den begehrten Stoff zu kommen. Inzwischen weiß er genau, welche Händler bei welchen Produkten Luftpolsterfolie als Schutzverpackung verwenden. Das Schlimmste, was einem Abhängigen passieren kann, ist, dass die Waren durch wertlose Styroporkügelchen geschützt werden. Wäre es nicht viel effektiver, direkt bei einem Verpackungsmaterial-Händler Luftpolsterfolie zu bestellen, fragen wir Michael. Doch dieser wiegelt ab. Da hätte er viel zu viel Angst aufzufliegen. So etwas würde ja auffallen. Die Sucht sei noch mit einem riesigen Tabu belegt.

Dennoch hat sich inzwischen eine ganze Industrie breitgemacht, die sich schamlos an der Sucht bereichert. So gibt es einen Knallpapierkalender, bei dem man jeden Tag ein Luftkämmerchen ausdrücken kann. Speziell dieses Produkt ist aber eher zum sanften Entzug gedacht, da es helfen soll, vom unkontrollierten Ploppen auf nur einen einzigen Plopp pro Tag herunterzukommen.

In eine ähnliche Kerbe hauen spezielle Knallpapier-Apps wie Pop it! Bubble Wrap, bei denen man virtuell ploppen kann. Ob hier Abhängige tatsächlich von ihrer Sucht loskommen können, ist indes zweifelhaft. Den Geldbeutel und vor allem die Umwelt schonen sie auf jeden Fall. Michael hält nichts von solchen Apps, da der harte Smartphone-Touchscreen kein echtes Ausdrückgefühl aufkommen lasse. Clean werden wolle er aber auf jeden Knall. Sobald die Sucht gesellschaftlich akzeptiert sei, werde er sich in eine Entzugsklinik begeben. „Irgendwo in einem Luftpolsterkurort“, witzelt Michael, „Hauptsache man kann – plopp – mir – plopp – endlich helfen.“

2 Antworten auf „„Ja, ich bin süchtig nach dem Plopp!“ – neue Sucht breitet sich aus – erster Abhängiger outet sich“

Eine Rolle Luftpolsterfolie 100 cm x 100 Meter kostet nur 15 Euro. Ein wahrhaft billige Sucht. Ich habe immer einen Vorrat zu Hause. Das Plopp ist wie früher in meiner Kindheit mit den Knallerbsen (Scheebeere, Symphoricarpos albus). Man, wie habe ich das geliebt, die Beeren auf den Boden zu knallen oder mit dem Fuß zu zerdrücken.

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